Das kunterbunte Cavadee Festival
Pravin ist Indo-Mauritier. Er hat mich auf das Cavadee Festival mitgenommen. Es ist eines der beliebtesten Feste von Indo-Mauritiern. Das Festival findet jedes Jahr im Januar oder Februar nach dem tamilischen Kalender und in Hingabe an Lord Muruga stattfindet.
Pravin erklärt mir, dass der Umzug vom Starttempel bis zum Zieltempel etwas außerhalb der Stadt geht. Alle Frauen tragen ein Gefäß voll mit Milch auf ihrem Kopf. Die Männer haben selbstgebaute Bambusgestelle am Kopf, geschmückt mit frischen Blättern, Blüten und Früchten. Darin tragen sie ebenso ein Gefäß Milch. Die Milch darf aber nicht aus dem Supermarkt sein, weil die gemischt ist mit Milch von unterschiedlichen Kühen. Diese Milch muss also eine ganz reine sein. Sie soll nur von einer Kuh und von einem Bauernhof sein. Die Milch wird im Tempel teilweise über den Gott gegossen und der Rest wird an die Gläubigen verteilt. Die Gläubigen legen Opfergaben wie Kokosnüsse, Bananen, Räucherstäbchen und Blumen zu Füßen von Lord Muruga.
Die meisten der Männer piercen sich für diesen Tag. Sie stecken sich Nadeln in die Haut, wo am Ende des Hackens meist eine Limone hängt. Pravin will mir das aus der Nähe zeigen und marschiert einfach in den Umzug hinein. Plötzlich gehe ich mit allen Indo-Mauritiern mit. Für mich fühlt es sich etwas komisch an. Darf ich das überhaupt? Als einzige nicht-Einheimische in den bunt gekleideten Menschen sein? Die Menschen um mich herum lächeln mich sehr herzlich an. Es scheint für sie zum Glück ok zu sein.
Ich beobachte, dass viele Gläubige barfuß gehen. Weil die Straße so heiß ist, fährt vor ihnen ein Lkw, der Wasser auf der Straße verteilt. Die bunte Menge bewegt sich langsam vorwärts, im Rhythmus religiöser Lieder, die von Lautsprechern kommen, die in einem Fahrzeug installiert sind. Am Beginn der Prozession fährt ein Auto, das ein Bild von Lord Muruga montiert hat. Andere Mauritier bieten kostenlos Getränke wie selbst gepressten Zitronensaft an, um den Durst der Teilnehmer zu löschen. Am Straßenrand stehen Frauen mit Essen. Sie bieten Bananenbaumblätter gefüllt mit Reis und vegetarischem Essen an. Jeder darf sich umsonst dort eine Portion abholen. Ich habe das auch gemacht. Es ist eine sehr große Portion und man muss es mit den Fingern essen. Das ist garnicht so einfach. Am Anfang ist mir einiges hinuntergefallen. Ich habe eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, um den Reise aufzuessen. Ich finde es spannend, wie sehr wir Besteck gewohnt sind.
Pravins Neffe spielt eine Art Hauptrolle im ganzen Umzug. Er hat laut Pravin 40 Tage lang gefastet und nur Abends ein bisschen Obst gegessen. Dann hat er sich 3 Tage vor dem Festival auf ein Nagelbett auf Rädern gelegt. Zum Zeitpunkt des Umzugs lag er also schon einige Zeit auf diesen rostigen Nägeln. Als Polster hat er nur ein paar Blätter unter dem Kopf. Er wird die ganze Prozession auf einem Wagen geführt und mit einem Sonnenschirm beschattet. Sobald alle in den Zieltempel eingezogen sind, darf er als letztes auch in den Tempel. Dann wird er das erste Mal aufstehen und auch sein Milchkännchen über den Gott leeren. Danach darf er endlich wieder etwas Essen.
Das ganze Festival dient dem Schutz der Bevölkerung. Ich finde es sehr spannend, wie die unterschiedlichen Religionen ihre Rituale feiern.
12/02/2018
Ursi
Die Fotos sind wunderbar. Das ist eine Farborgie.
Schön, dass du da als einzige Nichtinderin mitgehen durftest und wohlwollend aufgenommen worden bist.
12/02/2018
Marie Richtsfeld
Dankeschön 🙂 Ja, die Inder sind da wirklich sehr nett. Pravin hat mir auch sein Zuhause gezeigt und mir so viel angeboten. Da fühlt man sich bisschen schlecht, wenn man ablehnt.